Manche kennen sie vielleicht noch, die Steckbriefe aus den Italowestern, auf denen in cowboyhutgroßen Lettern zu lesen war: WANTED - Dead or alive! "Tot oder lebendig", das ist seit Corona, Klimakatastrophe und jetzt dem Ukrainekrieg und anderen schon bekannten Krisenherden mal wieder ein beliebtes Motto. Schwarz oder Weiß, dazwischen gibt es nichts, denn Zwischentöne verwässern einen klaren Standpunkt. Irgendwo wissen wir eigentlich alle, dass die Realität bunter ist als erlaubt und Leben und Tod etliche Nuancen haben. Sterben wir nicht alle täglich unsere kleinen Tode? Jede Erfahrung trägt den Keim der Veränderung in sich und jede Veränderung hat das Potential für neue Lebendigkeit. Unsere Zellen erneuern sich einmal komplett alle 90 Tage. Jeden Morgen wachen wir also als ein anderer Mensch auf. Das Abenteuer ist menschlicher Alltag. Und es liegt an uns, das zu fürchten oder zu genießen oder eben beides.
Vorgestern war mein Geburtstag und als ich in der Morgendämmerung dieses jährlich wiederkehrenden Jubiläums noch mal eine gemütliche Drehung unter meiner Decke meistern konnte – halb gewahr, dass die Tatsache aufzuwachen alles andere als selbstverständlich ist – habe ich folgendes beobachtet. Im Halbschlaf und bevor die Vernunft sehend das Kommando übernehmen kann, sind sie schon da, die nörgelnden Stimmen mit ihren Befürchtungen und Prognosen für den noch jungen Tag. Einfach so, aus Gewohnheit, weil sie halt ein Abo haben. Ich öffnete meine Augen und realisierte, dass die Sonne scheint, mein Zimmer nicht zerbombt und der Weg zur Dusche frei ist und ich ohne Schmerzen aufstehen und meinen Weg zum Zähneputzen gehen kann. Da habe ich entschlossen, zu meinen eigenen Stimmen zu sprechen und gesagt: "Ihr habt alle euren Platz, aber jetzt haltet mal für einen Moment die Klappe!" Und in dieser selbst verordneten Stille war auf einmal Platz für ein Wort: DANKE!
Er war mal wieder für zwei Tage zu Besuch, mein alter Freund aus Hamburg. Wir kennen uns seit 26 Jahren. Er ist jetzt in seinen Siebzigern und wir sehen uns einmal im Jahr in Berlin, wenn er auf Deutschlandtournee ist, um seine Freunde zu treffen. Und dann sitzen wir in unserem Lieblings-Café und bringen uns auf den aktuellen Stand über das, was wir erlebt haben, wie wir die Welt gerade sehen, was uns sorgt, was uns lebendig und bei Laune hält, wie es uns geht mit der Pandemie und dass wir vielleicht schon bald sterben werden. Habe ihm erzählt von meinem neuen Projekt als Trauerredner, dass ich drei Monate im Retreat war, dass es gerade schwierig ist mit meinen Töchtern und wie sehr ich mich freue, eine tiefe Verbindung mit ihm zu haben, obwohl wir uns nur einmal im Jahr treffen. Wir reden über Gott und die Welt, Kaffee und Kuchen, den gemeinsamen Schmerz über dieses und jenes, persönliche Verantwortung und die Lust am unartig sein. Und wenn wir uns dann trennen und zum Abschied umarmen, spüre ich dass es Dinge gibt, die nicht online gehen und … das ist gut so!
Ich mag es ja, wenn die Dinge in Bewegung sind. Doch wenn das für mich persönlich heißt, dass mein Komfortzonenabo nicht mehr verlängert wird, dann bin ich nicht mehr gaaaanz so geschmeidig. Das ist nicht schmeichelhaft für mich, aber die Wahrheit. Wie auch immer, in diesem Blog gibt es zum 10-jährigen Jubiläum einen neuen Fokus oder Nuancen zu den Themen, die ich bisher im Visier hatte. Nach dem Tod einer lieben und langjährigen Kollegin im August diesen Jahres war ich überraschend in der Situation, eine Trauerrede zu halten, weil das einer ihrer letzten Wünsche war. Das war eine kraftvolle und berührende Erfahrung und hat dazu geführt, dass ich das weiterentwickeln möchte und auch in meinem Blog ein Zuhause geben möchte. Eigentlich ist das nicht so überraschend, denn spätestens mit Band 2 von „ganzkurznur“ und der Zusatzzeile „später ist gleich vorbei“ hatten die Themen Vergänglichkeit und Neuanfang einen sichtbaren Platz in meinem Schreiben. Ich halte euch auf dem Laufenden! https://holgersieler.de
Donald Trump ist bald raus, aber nicht die Menschen, die ihn als Präsidenten wollen und durchaus berechtigte Fragen und Anliegen an die amerikanische Gesellschaft
haben. Der Impfstoff ist auch schon da und das sind wahrscheinlich keine Fake-News. Wir setzen oft Fakten mit Wahrheit gleich und gehen davon aus, dass es einen allgemeinen Konsens geben muss,
wenn alle das Thema nur ausreichend untersucht und das Ergebnis dessen dann (an)erkannt haben. Sooo einfach ist das nicht und das finde ich auch gut so. Fakt ist für mich, dass alle Wesen leben
und nicht leiden wollen, aber darüber hinaus müssen Konsens oder Schnittmengen zum Teil hart erarbeitet werden, denn wir haben ja nicht alle die gleiche Ausgangssituation und die gleiche
Wahrnehmung der Dinge. Ich zum Beispiel bin ein verwöhnter Mitteleuropäer, der befriedigende Arbeit, eine warme Wohnung, Zugang zu sauberem Wasser, gesundem Essen und soziale Kontakte hat und
bisher nicht mit Corona infiziert ist. Diese Kombi ist ein Luxus, den mindestens 70% der restlichen Welt nicht hat. Dass es ein Ungleichgewicht in der Verteilung von Resourcen und Wohlstand gibt,
ist auch keine Frühfolge der Pandemie. Was mich etwas sorgt, ist die starke Polarisierung beim Thema Covid 19. Klar, die Bedrohung ist real und da schaltet der Sympathikus in unserem vegetativen
Nervensystem schon mal automatisch auf „Angriff oder Flucht“. Dazwischen gibt es nichts! Wenig Zwischentöne sehe ich oft auch in der gesellschaftlichen Diskussion um angemessene Maßnahmen. Es
sollte erlaubt sein, einen skeptischen Blick z. B. auf die Folgen der Lockdowns und der verordneten Isolation für alte und kranke Menschen, aber auch Kinder und Jugendliche zu haben, ohne als
Verschwörungstheoretiker oder Aluhutträger etikettiert zu werden. Mich persönlich wundert, dass es einen starken Fokus gibt, wieder eine Normalität herzustellen, die wir uns z. B. in punkto
Klimawandel gar nicht mehr leisten können. Ich weiß an vielen Punkten nicht, wie es weitergehen kann, habe keinen Plan oder Konzept, nicht mal eine Meinung. Das Ende ist ja immer nah, aber nicht
gleich zu wissen, könnte auch ein Anfang sein für neue Ideen.
Jetzt sag ich auch mal was zu diesem Trumpel. obwohl es kaum einen Winkel gibt, aus dem das Phänomen noch nicht beleuchtet und analysiert wurde. Der, dessen Name immer genannt werden möchte – der blonde Lord – ist vielleicht eine bizarre Karikatur des Kapitalismus und die Kühlerfigur für den Untergang dieses Auslaufmodells. Aber, eine Gesellschaft, die letztlich nur die Besten und Stärksten als wertvoll achtet, ist logischerweise von Rassismus, Sexismus und Lobbyismus durchzogen. Insofern ist er nicht der Erfinder aller Themen, für deren Lösung er sich als Heiland anpreist, aber die oberflächliche Geometrie seines Weltbildes kann uns einen tieferen Einblick verschaffen in die amerikanische Gesellschaft, die europäischen Verstrickungen, als auch unsere persönliche Positionierung. Ich habe noch nie so viel erfahren über Amerika, wie in den letzten Wochen und so viel lebendige Demokratie wahrgenommen, wie sie sich nun im Widerstand gegen Trump manifestiert. Am Ende, welchen Tages auch immer, wird man ihm dafür vielleicht noch danken müssen. Interessant ist aber auch, dass es anscheinend einen „liberalen“ Konsens gibt, ihn als faschistisches Monster zu deklarieren, das unterhalb jeder Gürtellinie beschimpft und entmenschlicht werden darf. Klar, das tut er ja auch, aber das bringt uns seiner Gesinnung näher als uns lieb sein sollte und lenkt ab vom Wesentlichen: Unserer eigenen Verantwortung, Handlungsfähigkeit und Freude am Lebendigen.
Das war kein einfacher Tag. Es ist 00:44 Uhr und normalerweise liege ich jetzt schon im Bett, aber es gab heute drei Ereignisse, die mich aus dem Takt gebracht haben. 1. Ein alter Freund aus Frankfurt liegt seit einer Weile in der Diabetes Klinik und soll morgen entscheiden, ob er einer Teilamputation zustimmt. Erreicht hat mich seine Nachricht über facebook. 2. Eine Freundin aus Kassel hat gerade ein Jobangebot ausgeschlagen, dass sie eigentlich gerne annehmen würde, aber sie hat noch Obstbäume und Eltern in Nordhessen, die sie nicht im Stich lassen möchte. 3. Ich habe eine Buchrezension geschrieben und mich mehr als nötig und erlaubt am Text eines anderen Autors orientiert. Besagte Autorin hat sich nun gemeldet und zu Recht gefragt, wie ich denn dazu komme ihr geistiges Eigentum ungefragt mit meinem zu vermischen. Mich dafür zu schämen ist angemessen, aber dass ich darunter subjektiv mehr leide als unter der drohenden Fußamputation bei meinem Freund macht mich schon nachdenklich. Leid fühlt sich immer Scheiße an: Ob ich seit Monaten keinen Sex mehr habe oder morgen meine Hinrichtung ist, macht in dem Moment der Erfahrung des Leids wohl keinen so großen Unterschied. So sind wir halt. Diese drei Situationen parallel zu erleben, hat mich irgendwie irritiert und gleichzeitig inspiriert zu dem ersten Blogeintrag seit langer Zeit. Dafür nehme ich jetzt mal eine kurze Nacht in Kauf, ohne zu wissen, was ich daraus nun wirklich lerne.
Schon wieder ein Jahr vorbei? Nicht nur zum Jahresende lauern sie an jeder Ecke, die Versprechungen der Jünger des Anti Aging, der ewigen Jugend und der fast makellosen Schönheit. Was aber macht man mit soviel Jugendlichkeit und dem scheinbar verlängerten Leben? Am besten investiert ist die gewonnene Zeit sicherlich in weitere verjüngende Massnahmen, denn Anti Aging ist eine lebenslange Mission und nur Heilige sind dauerhaft alterslos. Etwas für seine Fitness zu tun, ist sicherlich ein Zugewinn an Lebensqualität, nur habe ich den Verdacht, dass der Nutzen dieser Qualität, kaum zum Tragen kommt, weil man so beschäftigt ist mit dem Jungbleiben. Mittlerweile gibt es gar den Begriff des Seenagers (eine knackige Melange aus Teenager und Senior). Ich würde mir manchmal mehr reife Begegnungen, faltige Zwischentöne und weiße Entscheidungen wünschen und dass wir mal Langeweile für einen Moment aushalten. Mein Mitbewohner Robert dagegen, hat heute offen bekannt, dass ihm Altern keinen Spass macht und das Nachlassen der Kräfte und die Zunahme von Falten verklärt wird zum Symbol einer wunderbaren Reifung. Wirklich mögen tue das keiner und sei lediglich das Credo einer konfusen Anti-Anti-Aging-Bewegung. Tja, wo bitte gehts hier zur Mitte?
Es gibt Themen, die sind recht hartnäckige Begleiter auf unserem Weg zu einem guten Leben. Einer dieser Dauerbrenner ist ERNÄHRUNG. Nein, nicht der Welthunger ist gemeint, sondern der gemeine Hunger, bzw. Appetit der Wohlstandsbürger wie du und ich. Appetit (von lat. appetitus cibi „Verlangen nach Speise“) beschreibt wikipedia als einen „... psychischen Zustand, der sich durch das lustvoll geprägte Verlangen, etwas Bestimmtes zu essen, auszeichnet“, also z.B. Lebkuchen oder Schwarzwälder Kirschtorte. Doch in 80% der Fälle macht sich schuldig, wer ißt: an der Natur, den ausgebeuteten Tieren und Menschen und/oder der eigenen Gesundheit. Klar, gibt es da graduelle Unterschiede und trotzdem ist das einer der Zwickmühlen unserer neurotischen Zeit. Statt nun über die anderen Neurotiker zu lästern, veröffentliche ich mal meine Favoriten aus der Serie „Gesund ernähren und länger leben“: Metabolic Balance, Life Plus, Paleo, Samurai, fleischfrei, glutenfrei, alkoholfrei, rauchfrei, vegan. Das sind viele gute Ideen, die man aus meiner Sicht kreativ kombinieren kann, aber einigen dieser „Systeme“ wurden schon hohe Belastungen an Schwermetallen, wie Dogma und Ignoranz, nachgewiesen. Ich mache gerade was Abgefahrenes, nämlich eine Abspeckrunde zur Weihnachtszeit. Am 24.12. werde ich mich dann vielleicht wie neugeboren fühlen. Das hat außerdem den Charme, dass ich nicht von Januar bis August 2016 über meinen Weihnachtsspeck jammern werde. Naja, jedem das Seine und allen Freude, Frieden und Wohlbefinden - ob mit oder ohne Idealgewicht. Sterben werden wir trotzdem, denn wie schon Patrul Rinpoche sagte: „Der Tod ist wirklich. Er kommt ohne Warnung. Dieser Körper wird ein Leichnam sein.“ Doch dazu blogge ich dann vielleicht zu Ostern.
Lag eigentlich schon im Bett und hatte mich darauf eingerichtet, dass der Tag zu Ende ist und ich ab morgen einfach meinen Urlaub geniesse. Na dann ... Gute Nacht! Da lässt mich mein Smartphone von meiner Jüngsten wissen, dass wir uns am Wochenende nun doch nicht sehen werden - zusammen mit ihren Schwestern in Bamberg - weil sie ziemlich angeschlagen ist. Ich habe im April meinen letzten Blogeintrag geschrieben, war seitdem mit Leben beschäftigt und fand auch nichts wirklich so bedeutend, als dass es die Dringlichkeit gehabt hätte im Blog mitgeteilt zu werden. Und nun sitze ich, ganz überraschend, aufrecht im Bett und bin ... wach. Korruption, Massentierhaltung, Julien Blanc will nach Deutschland kommen, genmanipulierte Kommentare setzen sich unerlaubt in unseren Köpfen fest - trotz Kennzeichnungspflicht, Brasilien ist das neue Bayern und Eric Burdon singt gerade „Mother Earth ist waiting for you“. Das lässt mich nicht kalt, aber ich habe gelernt, damit umzugehen. Das globale Geschehen ist durch die neuen Medien vermeintlich nah und gibt einem das Gefühl, an allem beteiligt zu sein. Man muss es nur wollen und anklicken oder eine Petition auf Change.org unterschreiben. In einer Welt, in der mittlerweile fast alles nach Marketingregeln funktioniert, Begehrlichkeit generiert oder mir mein Engagiertsein attestiert wird, bin ich über vieles im Bilde und habe eine Meinung zu fast allem. Letztlich aber bleibe ich irgendwie fremd. Und dann kommt da etwas ganz einfach so daher und verwirrt mich. Was soll ich dazu sagen? Danke Jule, Sophie und Hannah!
"Die Formel für wirkliche Freiheit?
Gib alles und erwarte nichts!"
War heute das erste Mal vegan-vegetarisch frühstücken am Prenzlauer Berg. Die politisch korrekte Suchmaschine Ixquick empfahl das Cafe Kollektiv. Der Weg dorthin erwies sich als eine skurril-literarische Reise durch die Welt der linksdrehenden Denkkulturen. Es ging vorbei an Läden wie „Who killed Bambi?“ mit dem Slogan „My cat smells like Bruce Willis“, dem „Falaffel Ufo“ und dem „DAZZL Danz Club“. Godot hat jetzt ein Lokal in der Kastanienallee und „Fahrrad Linke“ ist in der Szene etabliert – seit 1912. Nachdem ich den „Buchladen zur schwankenden Weltkugel“ passiert hatte, war mein heutiges Klassenziel erreicht: Frühstück! Im Regal des Cafes präsentierten sich Magazintitel mit Namen wie „an.schläge“, „Entfesselt“, „Fight“ und die Frankfurter Rundschau. Das Flair erinnerte mich an meine Frankfurter Zeit in den Achtzigern. Die Besucher sahen ähnlich aus: Ein aufgeschlossenes und politisch interessiertes Publikum. Nicht mehr ganz so verkifft und/oder verbissen wie seinerzeit. Nur ich bin offensichtlich 30 Jahre älter geworden. 1982 begann die Ära Helmut Kohl, der HSV war Deutscher Meister und Ronald Reagan gab den amerikanischen Präsidenten im Pentagon. Rich Skrenta, ein 15-jähriger Schüler, schrieb den ersten Computervirus für Apple II und Klassenfeind Nr. 1 war Nicole, die mit einem peinlichen „Ein bisschen Frieden“ den Grand Prix gewann. Ich demonstrierte in Bonn gegen den Natodoppelbeschluss und hörte auf der Demo abstruse Sätze wie: „Ich will nicht nur ein bißchen Frieden, wie diese Nicole. Ich will den totalen Frieden. Sofort!“ Das Frühstück heute? Naja, das würde ich meinem Klassenfeind rüberschieben, wenn ich denn einen hätte. In meinem Alter schaut man eher nach Klassenkameraden auf Facebook oder reflektiert die eigenen Gewohnheiten und Geisteszustände. Nicole würde das heute vielleicht schmecken. Wer weiss das schon?
"Wenn ich schon nicht
verstehe, dann will ich
wenigstens Recht haben"
Ich habe Marko das letzte Mal gesehen beim Abi-Treffen 2007. Der Junge, der in den Siebzigern mit mir in einer Straße in der Waldsiedlung gewohnt, und wie ich auch, im mittelalterlich beschaulichen Büdingen sein Abitur gemacht hat, wanderte irgendwann nach Australien aus und hat sich vor ein paar Wochen entschieden, nicht mehr weiterzugehen. Ich glaube, wir haben zusammen Judo trainiert und er war ziemlich talentiert, aber das hat wohl keine Relevanz mehr, wenn man entschlossen ist nicht mehr zu kämpfen. Über Facebook hatten wir dann wieder Kontakt, haben einander „geliked“ und ein wenig erfahren von dem jeweils Anderen am jeweils anderen Ende der Welt. Wer gibt schon zu, dass er einsam ist im worldwideweb? Ich meine nicht die Einsamkeit an gesellschaftlichen Rändern, sondern die in den ganz normalen Verhältnissen, wo harmloser Alltag zum Zombie mutiert. In einer globaliserten Welt, in der alles zusammenwachsen soll zu einer Gemeinschaft von Weltbürgern, ist, so scheint mir, viel Raum für große Visonen und wenig Platz für kleine Zweifel. Für alles gibt es gute Gründe oder zumindest einen Plan. Das ist aber nur die von meiner Wahrnehmung und Erfahrung gefärbte Version einer möglichen Motivation, sich das Leben zu nehmen. Jeder hinterlässt eine Spur in den Köpfen und Herzen der Menschen die einem begegnet sind, wie kurz oder intensiv die Begegnung auch immer gewesen sein mag. Meine Erinnerung an Marko? Geradlinig, klug und traurig warst Du und ich mochte Dich - eigentlich grundlos.
Die Dinge sind ständig in Bewegung. Der Bus fährt los, wenn die Ampel grün ist und der Notarzt macht sich auf den Weg, wenn man ihn ruft. Die Tasse aus der ich trinken wollte, ist gerade runter gefallen und Alfred heisst jetzt Alma. Ein Schulfreund in Australien ist gestorben, Russlands Bevölkerung dürfte 2025 auf rund 150 Millionen wachsen und Gregory Porter, den ich bis gestern noch gar nicht kannte, singt gerade "Moving". Meine Blutfettwerte sind niedriger als bei der letzten Untersuchung, meine Lendenwirbel haben sich ohne meine Erlaubnis quer gelegt und die Fußflächen knicken leicht nach außen. Jan empfiehlt mir mehr Bewegung und in der Meditation wende ich, wenn alles gut läuft, den Blick nach innen. Bin ganz schön cool geworden mit der Zeit und nicht mehr so leicht zu erschüttern. Gut so ... und schade! Täglich sterben Millliarden Tiere in den Schlachthöfen, unzählige Menschen verlieben sich und einige davon laufen in ihr Unglück. Es ist leicht, sich in dieser Welt zu verlieren und schwer, einfach mal leicht zu sein. Meine Töchter lernen gerade, dass die Tigerente niemals einen Aufsichtsratsposten bekommen wird und dass Mut zur Veränderung alles ist, aber nicht alles. In Finnland sitzen in diesem Moment 222 Kinder auf Schaukeln und lachen ... einfach so. Die CD von Gregory Porter heisst übrigens „Liquid Spirit“ und Lisa hat sie für mich gebrannt, obwohl sie gerade ganz andere Sorgen hat. Wollte heute eigentlich gar keinen Blogeintrag schreiben, sondern Lisa trösten. Swing!
"Du kannst über jeden schreiben, mit dem Du verbunden bist. Das ist Poesie. Du kannst aber auch über jeden schreiben, mit dem Du nicht verbunden bist. Das ist Tageszeitung."
An den Umsätzen der beiden großen Fleischindustrien - der Massentierhaltung und der Pornographie - lässt sich einiges ablesen. Beiden liegt das Prinzip der Gier und der Abspaltung zugrunde: Immer
hungrig und getrennt von einer Beziehung zu den Wesen, die wir begehren oder ... einfach essen. Das ist die Bilanz einer Gesellschaft, die alles als Ware verpackt, die jederzeit und unlimitiert
verfügbar ist, wenn man bezahlt. Wir Menschen sind ja eher eine Minderheit unter den Erdlingen. Für unsere Ökobilanz und die Schädlingsbekämpfung wäre es durchaus folgerichtig, wenn wir anfangen
würden, nicht mehr unsere Mitbewohner auf diesem Planeten, sondern uns selbst zu essen. In den Händen der richtigen Werbeagentur, wäre das sogar ein realisierbares Projekt: „Nur das Beste - Eat
yourself!“ könnte der Claim lauten. Gut sediert mit einer professionellen Teilanästhesie, lecker gewürzt, paniert, gegrillt und mit Doppelt-Käse überbacken, könnten wir anfangen unseren rechten
Arm zu verzehren. Die dann nötigen Prothesen könnten Zalando und Amazon (versandkostenfrei!) verschicken. Jede Menge Extra-Apps, die der normale menschliche Arm nicht zu bieten hat, wie z. B.
eine W-Lan-Verbindung und die aktuellen Bundesligaergebnisse im 5D-Display, würden sicherlich ihre Fans finden und zu Clubgründungen führen. Das Verzehren des eigenen Arms als Initiationsritual
und Einstieg in eine bessere Welt könnte der Beginn einer segensreichen Selbstelimierung der Spezies „Konsument“ sein. Gruselig? Ja!
"Nicht mehr zu funktionieren,
kann ein Grund zur Sorge
oder zur Freude sein."
"Die Dinge werden kompliziert, wenn
du etwas nur für dich haben willst"
Gestern, am 13. März 2013, ist es ganz plötzlich passiert: Ich bin 50 geworden und wir sind nicht mehr Papst, weil uns ein Argentinier, vor Ablauf der vorgesehenen Spielzeit, abgelöst hat. Nein, nicht Diego Maradona, der ist zwar Argentinier aber bereits 52 und viel kleiner als der Jesuitenpater Jorge Mario Bergoglio, der künftig als Papst Franziskus den Verein Vatikan trainieren oder zumindest so platziert werden wird. Der aktuelle Stern-Titel nutzt die Gunst der Stunde und hofft mit einem eigenen Magazin-Facelift und dem Titel „Ich liebe Gott und eine Frau. Katholische Priester fordern vom neuen Papst: Befrei uns endlich vom Zölibat“ einen guten Einstieg in die neue Saison. Was wird hier eigentlich gespielt? Wenn die A-Jugend in Nieder-Mörlen am Wochenende gegen den benachbarten Verein aus Steinfurth antritt und sich anschliessend betrinkt, weil sie verdient gewonnen oder dummerweise verloren hat, ist die Welt noch überschaubar. Spätestens ab der Bezirksliga werden die Dinge dann komplexer. Kaiser Konstantin manifestierte mit dem Toleranzedikt von Mailand 313 die Verstrickung von Kirche und Staat und seitdem wissen oftmals nicht mal die vermeintlichen Strippenzieher, welche Fäden sie wirklich in der Hand halten. Mein Tipp an alle Spieler, Trainer und Päpste: Fragt doch mal die Vögel. Der heilige Franz von Asissi hat das seinerzeit auch getan und von dem spricht man noch heute.
Habe Picassos Biographie auf YouTube gesehen und einige überraschende Gedanken gehabt. Ich bekam Lust darauf, wieder zu rauchen, genial zu sein und mehrere Frauen zu haben, die mich in meiner Kunst inspirieren und Kinder von mir kriegen wollen. Soviel zum romantisierenden Part. Mein Blick auf die Kunst ist geprägt vom oft schmerzhaften Spagat zwischen Genie und Wahnsinn, erfolgreich sein oder Taxi fahren, bei Sinnen sein oder psychotisch. Ich wurde seinerzeit dann doch lieber Designer, bin jetzt glücklich verbunden mit einem tibetisch-buddhistischem Zentrum in Berlin und wirklich sinnstiftenden Inhalten. Ich werde demnächst 50, meine Midlife-Crisis hat dann ihr 10-jähriges Jubiläum und mein erstes waghalsiges Kunstprojekt liegt somit schon mehr als 25 Jahre zurück. 1987 gründete ich, während meines Grafikdesign-Praktikum im Frankfurter Societätsverlag, die Galerie 24 im Gallusviertel und schickte Studenten der Frankfurter Kunstakademie „Städel“ an die Ausstellungsfront, weil ich mich selbst nicht für verrückt genug hielt, um gute Kunst zu machen. Die Vernissagen waren seinerzeit durchaus beliebt, was möglicherweise auch an der Auswahl der Weine lag. Jetzt postuliere ich mal im WWW, dass der Auftrag der Kunst ist, zu insistieren und zu irritieren, weil wir freiwillig nichts hören oder sehen wollen, was ausserhalb unserer Gewohnheiten liegt. Viel Glück und viel Segen allen, die genau das zu ihrem Projekt machen. Die Botschaft für hier und heute? Wartet nicht darauf, dass eine Botschaft euch dazu bewegt zu handeln oder eine Entscheidung zu treffen.
"Ich bin um einiges entspannter, seit mir meine
Vergänglichkeit nicht mehr vorrangig erschreckend,
sondern natürlich erscheint. Das Finanzamt und
meine Lebensversicherungsgesellschaft sind nun
ein wenig besorgt um mich."
“Du kannst mir vertrauen.“
sagte die Motorsäge zum Baum.
"Ich arbeite gründlich.“
Wir haben eigentlich von allem zuviel und trotzdem keine gute Verbindung zu ... nichts und niemanden. Laut dem vom BUND und der Heinrich Böll Stiftung herausgegebenem „Fleischatlas“ isst jeder Deutsche durchschnittlich 1049 Tiere in seinem Leben. Satt oder gar zufrieden sind wir trotzdem nicht. Fleischeslust scheint mir aber auch in anderer Hinsicht in der Sackgasse: „Fick mich!“ geht uns leichter von der Zunge als „Liebe mich!“. Liebe klingt viel zu langsam und verbindlich für das 21. Jahrhundert. Wir fahren Autos, nutzen Handys, tragen Klamotten nur so lange sie „trendy“ sind und haben uns entschieden, uns mit nichts zu ausführlich zu beschäftigen, weil das nächste Update ja schon morgen kommen kann. Mein Blog ist einer von Millionen und die Zahl der Neuerscheinungen in den Verlagen ist „Unendlich + X“. Jeder kann sagen, was ihm gerade durch die Birne geht, zu jeder Zeit, auf allen Kanälen und wenn die Klicks entsprechend hoch sind, gibt es das Gütesiegel „Erfolgreich“. Ein Hoch auf die Vielfalt ... der Armut. Das Thema ist nicht neu - ein industrialisierter Konsumwahn, der vor allem eines perfekt produziert: Hunger auf allen Seiten, denn nur Unzufriedenheit generiert neue Gier. Vielleicht ist unser Problem aber auch, dass wir darauf konditioniert sind, in absoluten Lösungen zu denken und kleine Schritte oder Linderungen als unwürdig empfinden. Wer bin ich, das für andere zu beurteilen? Mein Schritt für hier und heute ist, Fleisch nur noch höchstens zwei mal die Woche zu essen und die Tiere, die ihr Leben gelassen haben für mein Mittagessen, nicht einfach nur gedankenlos in der Pause runterzuschlingen. Klein, aber mein.
Noch zwei Tage, dann knallts! Darf ich mal ehrlich sein? Ich finde Partys eher anstrengend als aufregend. Man versucht sich in eine Stimmung zu bringen, von der man am nächsten Tag ganz schnell wieder runterkommen muss, damit man sein normales Leben wieder aushält. Ekstase als Jahresübergangs- oder Endzeitritual ist bestimmt eine coole Sache ... für Hyperaktive, Drogendealer und professionelle Partyveranstalter. Es ist nicht so, dass ich nicht gerne feiern würde, aber „Party“ wird meist schleichend zum Schmarotzer, der seiner Wirtspflanze bis zum Koma suggeriert, dass sie Teil eines nie enden wollenden Orgasmus ist, dass Alleinsein gestern war und ab jetzt nie wieder kommen wird. Party! Nicht mehr allein sein zu dürfen, finde ich einen schlimmen Gedanken, vor allem wenn die Parole aus dem Megaphon der Partymacher dröhnt. Einsamkeit ist sicher die Wurzel vieler Krankheiten, guter Literatur, genialer Kunst und Amokläufe, Thema vieler Fachartikel aller Disziplinen, der Grund für den Verkaufserfolg aller unsinnigen Produkte und ... die Initialzündung für viele Partys. Ein ziemliches Schwergewicht, also. Einsamkeit ist kein einfacher Koalitionspartner und wird keinesfalls die Regierungsverantwortung für mein Leben übernehmen - so lange mich keiner zwingt Spaß zu haben - auf Partys.
Ich mag Amerika nicht! Aus Prinzip! Weil dieses Land für mich Ausbeutung, Dummheit und die Achse des Bösen symbolisiert. So einfach ist das. Ich mag Jazz, Blues und Morgan Freeman. Keine Angst, die Kurve nehme ich locker, denn bei diesen „Likes“ handelt es sich im Ursprung um eíne Kultur der Sklaven, mit denen ich mich gerne solidarisiere. Hatte nun heute überraschend einen Systemzusammenbruch, ausgelöst von einem genialen Schneidegerät namens „Olfa-Cutter 300“, welches mir beim Zuschneiden von 480 g/qm-Glückwunschkarten sehr nützlich war. Eine Klinge, die stabil und geschmeidig zugleich durch die Führungsschiene gleitet und eine Justierschraube aus Messing (!) hat mich singend mein Tage- und Schneidewerk vollenden lassen: Halleluja und Merry Christmas. Ich fantasierte einen kleinen schwäbischen Familienbetrieb als Urheber und Halter dieser Tradition, die ebendiese Messer schon seit 400 Jahren produziert und das Geheimnis der Messingschraube wird erst am Sterbebett an die nächste Generation weitergegeben. So habe ich mir das vorgestellt oder anders gesagt: „I had a dream“. In Realität handelt es sich bei Olfa um eine amerikanische Firma, die genial gute Cutter produziert und in den USA und Kanada vertreibt. Vielleicht ist die Liebe zum Handwerk und zum Detail, als auch der Wunsch etwas nützliches und gut funktionierendes zu schaffen ja ein menschliches Grundbedürfnis, jenseits von Vertriebssystemen, Verkaufsstrategien und Gewinnmargen. Wie auch immer - I love it!
Hatte einen freien Tag und ... schlechte Laune. Ich weiss, das ist illegal aber so war es halt. Nach einem Studentenfrühstück (sprich um 14 Uhr) im Literaturhaus in der Fasanenstrasse habe ich mich mit einer 11 Jahre alten CD von Prince in Stimmung gebracht: The Rainbow Children. Sehr empfehlenswert! Habe jetzt hautfarbene Kompressionsstrümpfe, was für mich früher gleichbedeutend war mit alt sein, sehr alt. Ob Prince wohl mittlerweile orthopädische Schuheinlagen trägt? „In the mood“ ist ein Klassiker von Glenn Miller aus den Vierzigern des letzten Jahrhunderts, den ich 1975 als zwölfjähriger Jazzfan vor dem Einschlafen in meinem alten Röhrenradio gehört habe. Ich wusste, dass das nicht wirklich so ist, aber ich stellte mir vor, dass die Big Band von Glenn Miller hinter dem fluoreszierendem Grün der Glasscheibe, auf der alle Radiosender horizontal abzulesen waren, ungefähr auf der Höhe von Hilversum saß und für mich spielte. Eben las ich einen interessanten Post über Orang Utans in der Midlife Crisis und beim Anklicken des dazugehörigen Links landete ich aus Versehen auf der Nachricht von Gruner + Jahr, mit der Botschaft, dass man die Financial Times Deutschland einstellen wird. So macht Krise dann doch irgendwie Spaß. Zurück zu den Affen: Junge Schimpansen starten frohgemut ins Leben, werden dann im mittleren Erwachsenenalter immer missmutiger und im höheren Alter wieder besser gelaunt. Der Tiefpunkt liegt bei durchschnittlich 31,9 Jahren, also vergleichbar mit dem menschlichen Wohlfühl-Minimum, das bei 45 bis 50 Jahren liegt. So stand es im Orang Utan Post von Elke. Schlechte Laune so stehen zu lassen, ohne Urteil, Analyse und Rettungsschirm ist nicht die gewohnte Vorgehensweise. Ich mache es jetzt einfach mal - ohne Hoffnung und Furcht.
"Man kann warten, bis man
so gewürdigt wird, wie es
einem angemessen erscheint
oder ... leben."
"Die schönste Zeit
meines Lebens ist jetzt,
denn nur jetzt kann ich
mich noch verändern."
Hamburg, Wind und Regen, + 13 Grad: die Frisur hält! Ich habe seinerzeit die Regentropfen in „Stirb langsam 2„ gedoubled und war auch schon mal zwei Regenwochen lang mit einem keuchhustenden Kleinkind im Urlaub an der Nordsee – bin also fast wasserdicht. Schön, mal wieder in der Hansestadt zu sein. Mache meinen alldreijährlichen Männer-TÜV (nein, keine Kneipentour und auch keine Kneippkur), sondern 4 Tage auf unterschiedlichen Hebebühnen mit Laboruntersuchungen, Herzecho, Akupunktur und chinesischen Kräutertees. Das heisst, Oberkörper freimachen und die Seele baumeln lassen. Zum Frühstück genieße ich Hansebäckerbrötchen und die Allerwelt- und Weltallgespräche mit meinem Arzt und guten Freund Jan. Gestern Abend habe ich das erste Mal in meinem Leben einen Action-Film auf einem 62-Zoll-Bildschirm gesehen. Es ging um einen Typen der dauernd in Schwierigkeiten geriet, dabei immer gut angezogen und frisiert war, viele schöne Frauen um sich hatte, aber keine Zeit für sie, denn er musste seinen Job erledigen. Also ähnlich, wie ich das in Berlin auch mache, nur in Dolby-Surround und auf 135 Minuten komprimiert. „It‘s a Mans World“ und ich liebe es! EKG und Blutwerte sind soweit ganz gut und in zwei Tagen bin ich wieder in der Bundeshauptstadt, werde am Vorabend die Hemden bügeln, meine Morgenmeditation machen und dann gehts weiter mit „The Holg 4.9“
Hatte heute zwei Begegnungen von ähnlichem Geschmack. Begegnung 1: Einer meiner Berliner Facebookfreunde hat mich schon vor einer Weile für den kommenden Samstag zu seinem „Symposium der Vergreisung“ (= 51. Geburtstag) eingeladen und jetzt überraschend und etwas dramatisch im Forum FB angekündigt, dass er seinen Blog nie wieder schreiben und Facebook, Twitter & Co. für immer den Rücken kehren wird. Begegnung 2: Cleopatra (Name von der Redaktion geändert) hat heute beim Pfannenschwenken in der Gemeinschaftsküche darüber philosophiert, dass Frauen die Tendenz haben, die Dinge zu lange und zu oft zu wenden, bevor sie sich sicher sind, dass Ihr Entschluss, etwas zu tun oder vielleicht doch zu lassen, auch nachhaltig und längerfristig (heute + 30 Jahre) Bestand hat. In beiden Situationen habe ich mich zeitweise etwas hilflos gefühlt, weil in meinem System die Botschaft ankam: „Tu etwas dafür ... oder dagegen!“ Da will sich einer eliminieren und eine andere will weitere 30 Jahre warten, bevor sie sich traut zu leben. Das macht keinen Spass und meine Ansage für jetzt, hier und Euch beide ist: „Macht doch was IHR wollt und fragt mich einfach, wenn Ihr WIRKLICH mal eine Zweitmeinung braucht.“
"Dass Dir jemand Verständnis
entgegenbringt, heisst nicht zwingend,
dass er verstanden hat"
War heute mit Herrn L. aus der Nähe von F. (alias Alex aus Berlin) und auf Einladung von beiden beim Fantasy Filmfest. Der Streifen, der im Cinemaxx am Potsdamer Platz gegeben wurde, hieß „Piranha 3DD“ und war ziemlich lausig bezüglich Skript, Schauspielerleistung und Special Effects, aber Rettungsschwimmer David Hasselhoff, der sich selbst köstlich persiflierte und der Professor aus „Zurück in die Zukunft“ Christopher Lloyd machten das Ganze zu einem kultigen Kinonachmittag. Von etwas längerer Halbwertzeit waren die Gespräche beim Pasta-Essen und dem Kaffeeschlürfen nach dem Kino. Wir hatten eigentlich keine grossen Ambitionen, aber auf einmal hatten wir eine Gruppensitzung mit Kinogängern, Beobachtern, Drehbuchautoren, Grafik-Designern, Bloggern, U-Bahnfahrern, Söhnen, Vätern, Buddhisten, Zweiflern und Spannern und im Hin und Her zwischen etlichen Rollen, Konzepten und Sichtweisen stand da zwischen uns beiden auf einmal die Frage: „Warum schreibst Du eigentlich noch?“ Und während uns das Werbebanner eines vorbeifahrenden Bus mit der Frage, ob denn der Po juckt, konfrontierte und die sicherlich beste aller Cortisoncremes als lindernde Lösung anbot, dachte ich, dass es darum geht einen Ausdruck zu finden und immer wieder zu pointieren, damit einen die anderen und man sich selbst besser versteht. So in der Art habe ich das heute nachmittag gemeint, aber jetzt beim Schreiben klingt mir das ein wenig zu sozialpädagogisch. Deshalb nehme ich mir mal die Piranhas 3DD als Vorbild und sage: „Etwas mehr Biss, bitte!“
In memorian to my Dad! Darf man über den Tod seines Vaters bloggen? Keine Ahnung, aber ich tue es weil es a.) passiert ist und mich verändert hat, b.) es mir ihn und meine Schwester näher gebracht hat, als es zu Lebzeiten möglich gewesen wäre und c.) weil ich ohnehin nichts zu schreiben hätte, was skandalös oder entwürdigend wäre. Und d.) weil ich glaube, dass wir in unserer Gesellschaft dringend nicht nur Lebens- sondern auch Sterbensqualität entwickeln sollten, denn ausser Micky Maus und Gott wird es jeden treffen - garantiert. Mein Papa war ein wunderbarer und seltsamer Mensch zugleich. Er hat mir gezeigt, wie man beim „Mensch ärgere Dich nicht“ unauffällig schummelt, Stühle polstert, sich geschmackvoll anzieht, die richtige Beize anmischt, und sich viele Gedanken macht. Er hatte eine Disziplin, die mich als Sohn oft genervt, aber im Prozess seines Sterbens Bewunderung und Respekt für seine wahrhaft königliche Haltung im Angesicht des Todes gelehrt hat. Ich weiss nicht sicher, ob er einverstanden wäre mit meinem Blogeintrag, aber das nehme ich auf meine Kappe, denn ich bin der Nächste in der Ahnenreihe der gehen aber erst einmal bleiben und hoffentlich nützlich und wirkungsvoll sein wird. Wo auch immer Du jetzt bist: „Be happy! Be well!“
„Nach der Hand zu schnappen,
die einen füttert, kann der
Beginn einer wunderbaren
Freundschaft sein.“
Ich hatte heute den Gedanken, dass wir oft auf die richtigen Umstände oder Zutaten warten, die zusammenkommen müssen, damit wir handeln können. „Lebe jetzt und den Moment“ ist das Credo vieler Facebook-Einträge, Philosophien, Verkaufsstrategien und ... Klugscheißer. Wir halten Handlung und Wirksamkeit oft für identisch, aber etwas zu unterlassen kann ja durchaus auch eine wirkungsvolle Handlung sein. Eben hatte ich noch das deutliche und beglückende Gefühl „Jetzt verstehe ich etwas mehr!“ und war dann ganz plötzlich wieder verstrickt in die Komplexität aller möglichen Ablenkungen und ... die Meinung der Anderen (die Werbung nennt das Vielfalt und/oder Konsumfreiheit). „Das ist schwach!“ lautet mein Urteil, wobei ich mich im Moment etwas trainiere, nicht zu schnell und zu allem eine Meinung zu haben. Der Flachs, den Dornröschen zu Gold spinnen sollte, war dick genug um allen alle möglichen Märchen zu erzählen, aber die feinen Fäden, die es zu halten gilt bei der Frage „Wann soll ich handeln und wann noch etwas warten?“ ist jenseits von Goldspinnerei und in der Grauzone eines Selbstverwirklichungsdrucks, der vor allem eines will – toll sein. Oder anders gesagt: „Du Mensch? Also Angst!“ Was soll ich sagen? „Nur Mut!“
Ich beobachte, dass ich Energie darauf verwende, „richtig“ zu sein, statt die Klappe zu halten, wenn es nichts zu sagen gibt. Im Kontext der sozialen Medien ist es tabu, die Klappe zu halten weil das Medium davon lebt, dass man sich fortlaufend artikuliert oder über das Drücken bestimmter digitaler Knöpfe, seinen Mut oder Unmut zum Ausdruck bringt. Man könnte natürlich auch einfach mal den Rechner NICHT hochfahren. Steve Jobs ist tot. Bill Gates wird sterben. Frank Zappa war dabei und mein Vater hat, wenn die Prognose der Ärzte stimmt, noch ein paar Wochen. Es geht ihm nicht gut, aber wir haben die letzten Tage viel Zeit miteinander verbracht, über Tod, Verderben und die 70er Jahre in vielen Facetten gesprochen, gelacht über die Absurditäten der Welt, die „stramme“ Ärztin aus der Hanauer Onkologie und die Kurzsichtigkeit von Walter Ulbricht und Otto Grotewohl. Danke, Papa!
"Wir haben alle gute
Gründe für unser Verhalten.
Selbst Mörder haben das."
Ohne Superlativen wäre die Werbung impotent. Ohne unser Potential zur Neujustierung von Gewohnheiten gäbe es nicht eine einzige wirksame Therapieform, und ohne die Fähigkeit zum Staunen keine Religion oder Spiritualität, und wir alle würden ewig so bleiben, wie wir sind. Ob sich das beruhigend oder erschreckend anfühlt? Alle siebzehn Möglichkeiten sind vorstellbar! Wie lange die Ewigkeit dauert ist Chefsache - sollte man glauben. „Meine nächste Beziehung wird 10 Jahre jünger sein als ich!“ Zack! So schnell fällt man aus dem Beuteschema. Die Frau, die kurz vorher noch meine Lachs-Sahne-Sauce gelöffelt und anschließend besungen hat, setzt Signale nach denen ich gar nicht gefragt hatte. „MEINE nächste Beziehung wird 33 Jahre alt sein. fließend finnisch und hebräisch sprechen und Fälkja oder Wasa heißen“ hätte ich gekontert, wenn es mir in dem Moment eingefallen wäre. So schreibe ich es halt einige Tage später auf und sehe es als Inspiration für eine weitere amüsante Geschichte in Band 2 von „Ganz kurz nur“. Wie wir an unseren Wünschen festhalten, auch wenn uns andere oder unerwartete Optionen begegnen, ist manchmal kurios. Dass ich dieses Spiel auch immer wieder spiele, ist aus intellektueller Sicht erstaunlich, aus einer Perspektive der gesunden Neugier unglaublich und wenn ich meinen Briefträger fragen würde, müsste ich diesen Blogeintrag löschen, denn wahrscheinlich würde er sagen: „Worum geht‘s hier eigentlich?“ oder „Ein Paket von Amazon ... für Fössel.“
1,72. Das wäre die denkbare Größe von Jesus Christus, als er vor fast 2000 Jahren von den Römern ans Kreuz geschlagen wurde und 1,72 ist auch der Benzinpreis, der heute am Karfreitag 2012 an den Tankstellen angeschlagen steht. Beiden gemein sind zwei Schlüsselwörter: Freiheit und Anbetung. Über den Altaren der christlichen Welt hängt das Kreuz als Symbol des Mensch gewordenen Gottes, der sein Leben gab, um das Leiden aller auf sich zu nehmen. Das Auto hingegen ist der Altar selbst, Objekt der Anbetung oder auch das goldene Kalb auf vier Rädern. Es läßt den lustvoll leiden, der sich ihm hingibt. Eine Obsession in Lack und Kunstleder. Die Bezeichnung Automobil ist eigentlich irreführend, denn durchschnittlich bewegen wir unsere fahrenden Altare lediglich eine Stunde am Tag. Den Rest der Zeit arbeiten wir dafür, Benzin, Verschleissteile, Steuer, Versicherung und die Finanzierung des Nachfolgemodells zu sichern und vielleicht noch die Garage, damit der Glanz unseres Lieblings lange strahlt. ES steht derweil nur rum, frisst stumm und mit grinsender Motorhaubenfratze unser Geld und verliert stündlich an Wert. WIR nennen das dann Freiheit. Manchmal denke ich, dass grenzenlose Freiheit eine Illusion ist, die ihre Wirkung aus der Versklavung ihrer Anhänger zieht - ein Papamobil, dass sich als ein Perpetuum Mobile ausgibt. Nun ja, jede Bewegung braucht einen Antrieb und Brennstoff. Frohe Ostern allen in Stadt und Land und auf den Straßen!
"Einsichten entstehen in einem
tiefgehenden und existentiell-
philosophisch-therapeutischen
Prozess oder ... einfach beim Kacken."
Neulich wurde ich mal wieder gefragt, ob ich denn dieses oder jene Buch gelesen hätte, was ja so ganz in der Tradition von und typisch für, wenn es auch ein wenig inkonsequent im Duktus und Geist dieser etwas verqueren Grundhaltung daherkommt, aber es trotzdem schafft, den Leser ein- und mitzunehmen? „Nein, habe ich nicht gelesen, ich schreibe lieber.“ Das tue ich nicht mal aus irgendeiner Antihaltung heraus, sondern weil ich es einfach mag. Ich bin halt kein fleissiger Leser. Natürlich braucht man Inspiration, denn nur aus sich heraus zu schreiben, lässt einen schnell austrocknen und irgendwann dreht man sich nur um sich selbst und seine kleinen neurotischen Welten und Satelliten. Meinen Input hole ich mir weniger lesend, sondern eher beobachtend z. B. über Menschen wie Jost, die viel lesen und die ich fragen kann, was ich denn so verpasst habe, in den letzten Lesesaisons. Das kann ich ganz unverschämt abfragen, denn die wirklich Belesenen haben keinen Grund, andere mit Ihrem Wissen zu beschämen. Jost wird nach eigener Schätzung noch eine Lebensspanne von zusätzlich 300 Jahren brauchen, um die Bücher zu lesen, die er sich mit durschschnittlich zehn ausgesuchten Neuerscheinungen monatlich ins Haus holt. Beeindruckend, aber nicht mein "Style". Ich bin auch nicht gut im Kommasetzen und bringe lieber die Inhalte auf den Punkt. Ich finde das auch nicht schlimm, denn ich lebe ja mitten in Deutschland, im Land der Fußnotenfetischisten, Quellenangabenquengler und KOMMAndanten. Not an Korrekturwilligen gibt es wirklich nicht. Kann schon sein, dass es irgendwo wichtig oder verständnisfördernd ist, die Zeichen der neuen deutschen Rechtschreibung zu erkennen und diese dann auch richig zu setzen. Mein Fokus ist ein anderer: ich mag das lockere Spiel mit der Sprache und die Vielzahl der Varianten, die möglich ist. Punkt.
Endlich entschlüsselt! Das Geheimnis
glücklicher Beziehungen: "Wenn Du eine
hast, genieße es. Wenn Du keine hast,
genieße es."
Bin vor kurzem ein Jahr älter, ein paar Kilo leichter und um einige Gedanken ärmer geworden und wenn es denn unbedingt einen griffigen Titel bräuchte, um mich zu orten, dann wäre es wohl „Deutscher Buddhist“. Das klingt allerdings, als wäre da wider die Natur, etwas zusammengewachsen, was nicht zusammengehört. Der Buddhismus ist ja nicht einmal eine ordentliche Religion, sondern ein philosophischer Ansatz, der so unendlich viele Traditionen, Schulen und Übertragungslinien hervorgebracht hat, dass sich ein durchschnittlicher deutscher Wanderer unmöglich darin zurechtfinden kann, auch nicht mit Karte. Das fängt schon mit dem Basisvokabular an. „Liebe“ klingt für unser Empfinden entweder romantisch-verkitscht oder esoterisch-verheult (verboten-katholisch ist dann die österreichische Variante nach Thomas Bernhard). Mit „Weisheit“ assoziieren wir eher lange weiße Bärte und „Mitgefühl“ ist für uns definitiv zu praktisch. Das klingt so ... machbar. Dann doch lieber die Liebe. Die kann man sich schön groß und unerreichbar machen. Ich erinnere mich noch gut, denn seinerzeit habe ich leidenschaftlich Witze darüber gemacht: Der Buddhismus in Deutschland hatte in den frühen Achtzigern seine Pionierzeit. Der Rest der bewusst sein wollenden Bevölkerung fühlte, heulte und brüllte in Therapieworkshops und viele unschuldige Kissen starben als Stellvertreter für „Irgendwas“ einen unehrenhaften Tod. Mann, Frau und Ich begaben sich auf die Suche nach Authentizität, Selbstverwirklichungsspielplätzen und der schuldig gebliebenen Anerkennung durch die eigenen Eltern. Ein, für unsere Verhältnisse, recht komplizierter Prozess, denn eigentlich sind wir kein Volk der Zwischentöne. Mit „Jawoll! Ja!“ oder aber „Nicht mit mir!“ stecken wir in der Regel unser Spielfeld kantengenau ab, ernennen die Linienrichter und mindestens einen Feind. Relativ gesehen, gibt es uns schon: Kalle und Malle, FC Bayern und Borussia Dortmund, Lauterbacher Strolch-Camenbert und Rotkäppchen Sekt. Kein Schöpfergott, kein Satan, keine Seele: die buddhistischen Nichtvorhandenheiten sind etwas schwer verständlich für eine Mentalität, die gern weiß wo der Hammer hängt, welches Dach gedeckt werden soll und wer schuld ist an dem ganzen Schlamassel. Ob ich eine Lösung für dieses Problem habe? Nein, aber "welches Schweinderl hättens denn gern"?
Es gibt Sätze, die sind erschreckend
blutleer: "Der Markt für Mittagssnacks
wächst europaweit."
Seit 4 Monaten bin ich in Berlin, arbeite und lebe bei Dharma Mati, einem tibetisch-buddhistischen Zentrum meines Lehrers Sogyal Rinpoche. Ich übe mich in Gleichmut, Geduld und Microsoft Office (was für einen Designer eine ziemliche Herausforderung ist). Wie das so ist, mit fast 50 noch mal was ganz Neues anzufangen? Ehrlich gesagt, es ist ... wunderbar ... meistens! Mancher fragt mich, wie es ihm wohl geht, dem Mann der aus der Werbung und der Wetterau in die Hauptstadt kam. Was macht er so den ganzen Tag, ausser Sitzen und Meditieren und sich an die eigene Nase fassen, die es aus buddhistischer Sicht ja gar nicht wirklich gibt? Nun, ich arbeite, esse und schlafe wie die meisten anderen Menschen auch. Im Moment sitze ich in meinem Zimmer, höre Eric Burdon, genieße lecker Nudeln mit einer Sahne-Senf-Sauce und nehme einfach zu - an Einsichten und an Gewicht. Die „Auflösung des Ego“ als Kampfansage bringt leider nicht automatisch die überflüssigen Pfunde zum Schmelzen. Aber, wenn es nicht mehr so wichtig ist, toll zu sein - und es gibt viele subtile Spielarten „toll sein“ zu wollen - entsteht eine uneitle Art von Schönheit, Gelassenheit und Attraktivität. Abnehmen werde ich trotzdem, soviel Disziplin muss sein und ausserdem habe ich nach wie vor einen Spiegel im Bad. Ob ich ab jetzt nie mehr wütend, deprimiert oder ungerecht sein werde? Nö, aber ich arbeite dran. Wer also meine Knöpfe oder „Gefällt mir“ drücken will, kann das gerne tun. Ich schätze beides.
"Es ist gut, Menschen dort abzuholen
wo sie stehen. Manche verpasst man aber,
weil sie nicht dort stehen wo man sie
vermutet hat."
Habe heute die letzte Autoladung meiner Bad Nauheimer Wohnung nach Berlin gefahren. Ich hatte mir drei Tage Zeit genommen, gut zu sortieren und wegzuwerfen, was schon seit Jahren in irgendwelchen Kisten ein trauriges Dasein fristete. Dabei sind mir ein paar alte Texte in die Hände gefallen, und einen davon gebe ich zu seinem 10-jährigen Bestehen hier mal zum Besten:
„Im Sommer stinkt es zum Himmel und im Winter frieren sie sich den Arsch ab. Wer hat wirklich Lust Müllmann zu sein? Und doch hat es etwas schönes, die Männer in ihren strahlend orangenen Anzügen zu sehen: Kumpels mit einem trotzigen Stolz. Sie laufen dem Monstrum von Müllauto hinterher wie das lorenz‘sche Gänsekücken der vermeintlichen Mutter. Sie wissen, wo sie hingehören. Es scheint, als hätten sie immer soviel Verbindung zur Mutter, wie es die unsichtbare Nabelschnur zulässt. Sie füttern ihre Mama, ein nimmersattes Ungeheuer, dass knirschend und gierig alles in sich aufnimmt.“
"Zur richtigen Zeit
am richtigen Ort zu sein,
kann auch richtig
langweilig werden."
Mir gehts heute großartig und ich bin grundlos glücklich. Nicht wie ein Idiot, der debil vor sich hin grinst und nicht weiß, warum oder worüber ... oder vielleicht doch, ein wenig in dieser Art. Ein einfacher Mensch, der sich nicht unnötig viele Gedanken darüber macht, wie groß oder klein er ist. Great! Wahre Größe steckt ohnehin im Detail, nicht im Kleingedruckten, aber im Kleinteiligen oder anders gesagt: In jeder Zelle und jedem Atom ist der Plan für das große Ganze enthalten. Das kann ich nicht beweisen, das ist einfach nur ein schöner Gedanke, ein Potpourri aus vielen Puzzleteilen meiner Hirnaktivitäten, Sozialisation, Gelesenem, Gehörtem und Gefühltem. Gaaanz großes Kino hat auch mal klein angefangen: Humphrey Bogart musste immer auf einem Schemel stehen, um mit Ingrid Bergmann auf Augenhöhe zu sein, und der aktuelle Titel des deutschen Ärzteblatts klingt wie ein Film mit Matthias Schweighöfer: „Vorhofflimmern!“ Der Zusammenhang? Keiner! Das sind einfach nur Krümelassoziationen, denn jeder sollte ein Stück vom großen Kuchen abkriegen: Torten, Tortellini, Tarantel, Tic Tac Toe, Tinnitus, Was ich geraucht habe? Nix, bin einfach nur gut gelaunt und leicht im Unterhalten. Gutes Neues, Euch allen, Groß und klein!
Vor ein paar Tagen habe ich ein amerikanisches Video gesehen über die Machenschaften der Mächtigen. Die Thesen fasse ich mal grob zusammen: Wir werden seit Beginn des letzten Jahrhunderts von einer kleinen Clique krimineller amerikanischer Bankerfamilien regiert, die alle Schlüsselindustrien wie Energie, Ernährung, Pharma und zudem das Bildungswesen beherrscht und seit jeher jede Erfindung und Entwicklung, die ohne die Ressourcen Öl, Atomkraft oder Kohle auskommt, unterdrückt oder verschwinden lässt und vielleicht sogar 9/11 inszeniert hat, um eine Legitimation dafür zu haben, das amerikanische Volk zu kontrollieren und unliebsame Zeitgenossen, unter dem Vorwand des Terrorverdachts, aus dem Verkehr zu ziehen. Soviel zur Achse des Bösen. Je nachdem wie man es pointiert, klingt es nach einer paranoiden Verschwörungstheorie oder aber ... nicht wirklich überraschend. Der Motor aller Machtausübung ist die Angst - die vor Bedeutungslosigkeit auf der Seite der Herrschenden und die vor Heimatlosigkeit auf der Seite des „Volkes“, was mir auch eine Erklärung für die zum Teil übersteigerte Sehnsucht nach Eigenheimen zu sein scheint. Der Erwerb derselben wiederum wird künstlich verteuert und besteuert, um Menschen möglichst bis zum Ableben in der Abhängigkeit von Geld zu halten. „Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist!“ Der Urheber dieses kettensprengenden Ausspruchs hat heute Geburtstag. Jenseits der niedlichen Ochsundeselkrippenromantik, über die man zur Zeit in den Einkaufszentren stolpert, wünsche ich ihm, Annemarie und uns allen alles Gute, innere Freiheit und ein Zuhause - vor allem in uns selbst.
Don‘t be a Maybe - be Marlboro. Der Dadaismus ist zurück, jene Kunstform die in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts den „totalen Zweifel an allem, absoluten Individualismus und die Zerstörung von gefestigten Idealen und Normen“ postulierte. Neider und selbsternannte Kulturkritiker sprechen hysterisch von einer gefährlichen Infantilisierung und Verblödung unserer Gesellschaft und leugnen die therapeutische Heil- und Sprengkraft, die der Botschaft von Marlboro zugrunde liegt. „Sei kein Vielleicht - sei Marlboro“ lässt konsequent keine Ausflüchte zu und offenbart eine Wahrheit, die unter die Haut geht - nackt, nekrotisch und nikotinhaltig. Bleibt zu hoffen, dass auch andere Branchen den Mut haben, sich Ihrer gesellschaftlichen Verantwortung zu stellen und den Innovator Marlboro kopieren: „Don‘t make shit - eat chocolade“ stünde Ritter Sport gut an oder „Don‘t break even - blow your job“ der Deutschen Bank. Endlich mal wieder eine Kulturrevolution, die man sich gut reinziehen kann!
Als Kontrapunkt zum Adventsgeklingel
und weil es einfach so zu mir kam, hier
ein Liebesgedicht der etwas deftigeren Art.
Danke an Elke K. für's Vorgackern!
Die dicksten Eier
Erinnerst Du den Bauern,
der immer wieder sprach,
er hätt‘ die dicksten Eier,
obwohl‘s Kartoffeln war‘n.
Und immer wieder tat er,
als gäb‘ es einzig ihn,
den Meister aller Meister,
den Kaiser Cholesterin.
Wie ein Sack voll Mücken,
gab er stetig an.
Sein einziges Verzücken
galt ihm, als Eiermann.
Doch dann bei einer Feier,
hat‘s eine mal gesagt:
Nicht Kartoffel und nicht Eier,
Du bist es, den ich mag.
Oft werden wir versklavt
von unserer Prahlerei.
Schön, wenn‘s die Liebe wagt
und uns daraus befreit.
Zwei neue Reifen, inklusive Aufziehen und Auswuchten? Das macht, mit unserer Rabattaktion, 333,- Euro. Wie, schon wieder Rabatt? Wo sind denn eigentlich die ganzen normalen Preise hin? Sind die alle krank? Nun, ich habe was gespart und bei meinem überraschend geplatzten Vorderreifen kommt mir das gerade recht. Aber eigentlich ist die Ersparnis vor allem eine gefühlte. Das Thema ist ja bekannt: Ein System, das seine Existenzberechtigung daraus zieht, immer schneller Neues zu produzieren und dies immer unkomplizierter und billiger zum Konsum zur Verfügung zu stellen, hat seine Grenzen und schafft neben viel Müll auch viel Sinnloses. Und weil wir nicht nur immer neue Produkte „brauchen“, sondern diese auch mit immer neuen Versprechungen gekoppelt sein müssen, betten wir das Ganze noch in einen emotionalen Claim ein. Bei der deutschen Wiedervereinigung war das: „Freiheit ist, wenn alle Bananen essen dürfen!“ und schon waren alle Grenzen überwunden, zumindest die des Konsums. Wir wissen um die Absurdität der Situation, aber wir wollen es nicht glauben und erlauben der Werbung, zu unserem Gebet zu werden und ihre Slogans werden zu unbewussten Mantren. Die Postfilialen nerven seit Jahren ungestraft jeden Kunden in jeder Geschäftsstelle in Ost und West mit der Frage, ob man denn nicht ein Konto bei der Postbank haben möchte. Die Mitarbeiter scheinen mir recht gut geschult, denn ich habe schon etliche, nicht stereotyp sondern authentisch wirkende Postbankanmachen erlebt: „Ein Konto bei der Postbank, wäre das nicht was für Sie? Denken Sie mal drüber nach. Ich bin noch bis 18 Uhr hier an Schalter 4.“ Ich nehme es meist mit Humor und antworte meinem baggernden Gegenüber mit dem Satz: „So wie Sie das sagen, fühle ich mich richtig schlecht, so ganz ohne Postbankkonto!“, aber eigentlich wäre eine angemessene Reaktion: „Ich zeig‘ Dich an, Du ...!“ oder die Frage: „Haben Sie auch Bananen im Angebot?“
"Wahrheit braucht kein gutes Marketing,
aber jedes gute Marketing braucht ein
Minimum an Wahrheit."
Für die Fussball-EM in der Ukraine „säubern“ die Behörden die Straßen von streunenden Hunden und entsorgen sie, teils noch lebendig, in Verbrennungsmobilen. Das ist grausam und nur eine von etlichen schlechten Nachrichten. Tödliche Krankheiten, Tierquälerei, soziale Ungerechtigkeit, Kriege und das ganze andere Elend – wir leiden an und in dieser Welt. Und wir neigen dazu, anderen vorzuschreiben, wie sie sich auf dem Spielfeld zu verhalten haben, welcher Grad der Empörung die Regel ist. Während Menschen auf der Intensivstation einsam sterben, leiden andere darunter, dass sie seit Monaten keinen Sex mehr hatten. Beides kann furchtbar sein – wer hat das Recht zu definieren, was richtig schlimm ist? Die buddhistischen Philosophien unterscheiden zwischen relativer und absoluter Ebene. Die relative ist unsere gewohnheitsmässige Verstrickung in die Polaritäten und ist der Bereich, den wir als die einzig wahre und beweisbare Realität wahrnehmen. Dort ist Leiden Teil des Tagesgeschäfts. Das Absolute jedoch, beschreibt unser eigentliches Wesen und Potential, die Natur unseres Seins, an der es nichts zu verändern gilt, sondern lediglich zu erkennen. Hier ist eigentlich alles gut und entspannt, doch solange wir nicht erkannt haben, arbeiten wir uns auf der relativen Ebene ab, machen unsere Hausaufgaben und Fehler. Sich davor zu drücken „giltet“ nicht. Aber, was ist denn nun der Maßstab für ein angemessenes Verhalten? Ich persönlich finde es hilfreich, alles was mir begegnet als einen Spiegel zu verstehen, der mir bei näherem Hinsehen zeigt, was ich mit dem Geschehen zu tun habe. Ob das dann zur Folge hat, dass man eine Petition unterschreibt, kein Fussball mehr guckt oder ins Gebet geht, sollte jedem selbst überlassen bleiben.
Das Hauptmerkmal einer Informations-
gesellschaft ist, dass viele von wenig eine
Ahnung haben, aber zu allem eine Meinung.